SchrambergLästermäuler vielseitig talentiert

Schwarzwälder-Bote, 06.04.2015 18:50 Uhr


„Dui do on de Sell“: Königinnen des Mundartkabaretts, schlagfertig in jeder Hinsicht. Foto: Schmidtke Foto: Schwarzwälder-Bote

Schramberg. Vor vollem Haus gastierten an zwei Tagen die Königinnen des Mundartkabaretts, Doris Reichenauer und Petra Binder, alias „Dui do on de Sell“ an der Geißhalde beim Schwabengipfel.

Sie füllten nicht nur den Abend mit immensem Spaß aus – sondern auch den Push-Up mit Socken. Im Plauderton zweier Freundinnen tauschten sich die Damen aus. Zweieinhalb Stunden gab das schwäbische Duo Vollgas. Doch zuerst checkten sie ihr Publikum ab. Wichtig ist zu wissen, wer woher kommt. Spielen will man schließlich mit den Gästen.

Ein Pärchen aus dem Sauerland versteht vermutlich nur die Hälfte. Aber hier wird gedolmetscht. Was heißt „lommelig“ nochmal auf Hochdeutsch? „Lätschig“ vielleicht? Wobei die zweitere Bezeichnung leicht feucht ist und damit auch nicht ganz korrekt passt.

„Schwaben wachsen zweisprachig auf. Sie sagen Gaul und schreiben Pferd“, zetern die Ladies völlig korrekt. Der Wiedererkennungswert in vielen Situationen war enorm. So parodiert das Duo leidenschaftlich Alltagssituationen mit spitzer Zunge und bauscht banale Sachlagen amüsant auf. Blond, schlank und schlagfertig die eine, brünett, gut im Futter, aber nicht minder redegewandt die andere Kabarettistin. Beide aber auf der Suche nach einem richtigen Mann und nicht nach einem „Lällebäbbel“ – wie Doris‘ Dieter.

Gerade recht wäre ein Holzfällertyp. Doch dem fallen die Haare auf dem Kopf aus und bleiben im Rücken stecken. Oder auf der Brust? „Komm, lass mal prüfen?“, fragt Doris und steuert auf Alfred, einen Zuschauer mit halber Haarpracht zu, der dran glauben muss. Falten, Frisur und Frauensorgen gab es aber auch. Ausdiskutiert wurde Bodylifting am Ranzen, der vor Lachsalven bald schmerzte. Der Schönheitschirurg und die Augencremehelfen helfen den Fältchen – aber bei Rillen versagen beide. Die Wechseljahre treiben den Schweiß aus dem Poren. Doris stopft sich zur Abhilfe Fetzen von der Küchenrolle in den Ausschnitt.

Ausschau halten die reiferen Schwäbinnen nach dem männlichen Geschlecht. Single-Männer die gut aussehen, können sowas von schwul sein. Und sind gut aussehende Internetbekanntschaften nicht verheiratet, ist etwas oberfaul. Für die Hässlichen gibt es wenigstens tolle Bildbearbeitungsprogramme. Oder besser einen kultivierten Typen? Dabei sehnt sich Petra im weinerlichen Ton doch nur nach etwas Wärme.

Männer haben trotzdem auch Gefühle. Hunger und so. Aber viele haben einen Bandscheibenvorfall oder sind so hässlich, da helfen auch die inneren Werte nicht mehr. Das Ende vom Lied? Doris nimmt den Schönen und Petra den Gescheiten. Aber beide wollen keinen mehr stationär. Ambulant reicht völlig. Oder doch besser eine Katze? Die kann man wenigstens kastrieren und vom Streunen abhalten. Pointen aus vier Programmen feuerten die Schwäbinnen ungebremst ins Publikum, das mit stürmischem Beifall und Gelächter die Gags unterstrich. Als Mariele und Karline schlüpften sie nach der Pause mit Kittelschurz, Kopftuch und Opas Eierlikör in weitere Rollen. Erinnert wurde an den Feuerwehrausflug nach Paris mit allen Frauen – ohne Karline. Oh, das tut weh. Karline löst ihre Schlafprobleme, indem sie ihrer Jüngsten morgens die Pille in den Kaba reibt. Drohbriefe gibt’s vom Finanzamt nicht mehr. Auf dem jüngsten Schreiben stand „Letzte Mahnung“. Umständlich baut das Mariele einen Liegestuhl zusammen und findet am Ende eine eigene Variante. Karlines Nachbar hat dafür goldene Wasserhähne und Perverserteppiche, Sohn Kevin (Käffin) schon wieder eine neue Freundin, die Zwerchfelle der Zuschauer glühen.

Das fünfte Programm von „Dui do on de Sell“ soll im Herbst fertig sein. Hierauf darf man gespannt sein. Im Kulturbesen gibt es dann im Oktober eine Vorpremiere.

„Jetzt kann die auch noch saugut singen“, prustet eine Zuschauerin aus und bewundert Doris, die ein Abschiedslied singt, während sich Petra von jedem im Publikum per Handschlag verabschiedet – so wie es sich gehört.

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