Reutlingen – Petra Binder und Doris Reichenauer analysieren in der Reutlinger Stadthalle den ganz normalen Wahnsinn
Reutlinger Generalanzeiger von Patricia Kozjek
Petra Binder und Doris Reichenauer (von links) sind „Dui do on de Sell“. Foto: Kozjek
Viel und lange zu lachen fürs Geld hatten Besucher von „Dui do on de Sell“ in der Reutlinger Stadthalle. Das amüsante Powerprogramm „Das Zauberwort heißt BITTE!“ der beiden Schwertgoschen Petra Binder und Doris Reichenauer begeisterte die Zuschauer gleich über zwei Stunden lang.
Eher kein Geheimnis ist wohl, dass Frauen mehr reden als Männer. Als Zuhörer ist man schon nach kurzer Zeit fasziniert von der dargebotenen Kunst des Endlos-Quasselns – mit vollem Körpereinsatz versteht sich. Ein Ding der Unmögliochkeit scheint es da, dass jemals die Themen ausgehen könnten.
Zwei Schwertgoschen
Die beiden Quasselstrippen wirken authentisch und echt, ihr Repertoire keinesfalls auswendig gelernt. Weder teure Bühnenkulisse noch ausgetüftelte Lightshow braucht’s bei den Kaiserinnen des schwäbischen Kabaretts. Das Comedy-Duo begnügt sich mit einem Tisch zum Anlehnen und zwei Stühlen für den „Notfall“, wenn’s eine von beiden „baff“ und mitten im Gespräch setzt.
Gags, geboren im ganz normalen täglichen Familienwahnsinn und Ehealltag, in der pubertierenden Welt des Nachwuchses, im lätschig-lommeligen Älterwerden und „Schwimmringe“-Anlegen, liefert das Duo am laufenden Band. Was Frauen ab 50 tief und inbrünstig bewegt – es ist so einiges – , erfuhren an diesem Abend freilich nicht nur die Männer im Saal. So hatten einige Zuschauerinnen ja schließlich „ihr Problem gleich mitgebracht“, wie die beiden Frauen gleich zu Beginn frotzelnd feststellen und schadenfroh ins Publikum zeigen.
Immerhin hätten Männer im eigenen Alter aber auch was Gutes, lenken sie ein. Sehen sie doch die paar überschüssigen Pfunde der langjährigen Ehefrauen nicht gleich als Katastrophe an, sondern beginnen diese als „erweiterte erotsiche Nutzfläche“ zu schätzen, glaubt Petra, bevor ruckzuck das Thema wechselt.
Stolz sind beide, Schwaben zu sein, wie sie betonen. „Auch wenn die „Zung‘ zu groß isch für d‘ Gosch“ und der Schwabe einfach nicht für Hochdeutsch ausgelegt ist. „Schwäbisch isch wie Lateinisch, des könnet nur dia ganz Gscheite“, legen sie nach. Und was den nachgesagten Geiz angeht, glauben sie: „Wir Schwaben sind nicht geizig, wir kalkulieren nur anders.“ Lautes Gelächter im Saal.
Wenn Nachbarn mit dem Nachnamen „Reck“ ihre Tochter auch noch „Jennifer“ nennen, haben sie den Namen wohl noch nie ganz ausgesprochen, echauffiert sich Petra, während Doris über zwei Stunden damit zu tun hat, sich über die neue Freundin ihres Sohnes „Kefin“ (Kevin), Joana-Luise, aufzuregen, die womöglich „schon jetzt“ für Nachwuchs sorgt? So sind freilich auch „Männer“ , die scheinbar zumeist eine „geile DNA bis ins hohe Alter“ haben – Frauen nicht, mutmaßt Petra – ein Großthema der beiden lästernden Damen auf der Bühne.
Der Laufstall von Tante Petra
„Männer müssen eigentlich nur drei Dinge können“, erklärt Doris dem Publikum schlicht. „Ein Haus bauen, ein Kind zeugen und einen Baum pflanzen. Wir Frauen putzen hinterher das Haus, passen auf die Kinder auf und gießen den Baum“. Der Saal biegt sich vor Lachen. So schafft auch Sohnemann Kevin mit 20 zum Ende per Anruf endlich Klarheit in der Show und fragt bei der Mutter nach, ob denn der Laufstall von Tante Petra noch auf ihrer Bühne steht? Der ganz normale Wahnsinn? Bei „Dui do on de Sell“ wird er zum Hochgenuss.