Schwarzwälder-Bote, 14.07.2015 18:22 Uhr
Darauf hat die Schwabenwelt gewartet: „Dui do ond de Sell“, Hämmerle und Leibssle machen einen auf Abba. Foto: Krauß
Mit „Dui do ond de Sell“, Hämmerle und Leibssle auf hoher See – da reichen auch knapp drei Wochen Ticket-Vorverkauf aus, um die Alte Seminarturnhalle in Nagold mit 270 Mann zu füllen.
Für diese geballte Wucht der schwäbischen Mundart-Elite verlängerte der Förderverein sogar seine Spielzeit um eine Woche, denn die Vorpremiere des Sommer-Specials mit dem Titel „Schwäbischer Sommernachtstraum“ sollte unbedingt in Nagold stattfinden.
Als Petra Binder und Doris Reichenauer die Idee hatten, gemeinsame Sache mit den Kollegen Bernd Kohlhepp und Eckhard Grauer zu machen, konnten die Herren der Schöpfung nicht „Nein“ sagen. So gelang den charmanten Putzweibern das schier Unmögliche: Hämmerle und Leibssle stehen nach sechs Jahren wieder gemeinsam auf der Bühne. Na dann: Leinen los für den schwäbischen Sommernachtstraum.
Nicht nur diese vier Stars der Kleinkunstszene sind mit an Bord. Mit Gaby und Joe und Barbara und Clemens treiben zwei Pärchen gemeinsam und doch irgendwie einsam auf dem Mittelmeer, Rosemarie Dallmann-Dölker traut sich erstmals ohne Chiwawa Atilla in die Ferne, Dieter Betiker stellt erst in Istanbul verwirrt fest, dass er seine Frau Zuhause vergessen hat und Chef-Steward Walter Sailer verdreht der Damenwelt scharenweise die Köpfe.
Vor allem aber sind es „Dui do ond de Sell“, Hämmerle und Leibssle, die in ihren Paraderollen beim Publikum für schallendes Gelächter sorgen. Petra und Doris – den Putzkittel durch luftige Sommerkleidchen getauscht – beobachten das wilde Treiben auf der HMS Württemberg Cocktail-schlürfend von der Bar aus. Aufmerksam nehmen sie alles, was sich da auf dem Deck abspielt, unter die Lupe und lassen auch selbst kein Fettnäpfchen aus. „Mein Gerhard hot neilich sei Sonnacreme mit mei’ra Enthoorungs-Salba verwechslet. Der hot ettamol me Augabraua ghett“, erinnert sich Petra empört.
Derweil ziehen sich Hämmerle und Leibssle für ihre altvertrauten Frotzeleinen lieber in die Kabine zurück. Dort erklärt Leibssle dem etwas zurückgebliebenen Hämmerle die Welt. Vor allem im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht gibt Leibssle seine Erfahrungen gerne weiter. Die Sache mit dem Reziprok zieht sich durch den Abend, und es scheint aussichtslos, dass Hämmerle jemals begreift, dass Frauen „ja“ meinen wenn sie „nein“ sagen.
Es ist noch nicht alles perfekt, keine Frage, aber genau darüber freut sich das Publikum am meisten. Als Petra alias Barbara sieht, dass bei ihrem Clemens – der gerade mit den vier großen Leoparden-Koffern seiner Holden kämpft – die Nase trieft, zieht sie spontan ein Taschentuch hervor und lässt den Göttergatten kräftig schnäuzen. Bernd Kohlhepp – Mundart-Profi im perfektesten Sinne – schnäuzt seiner Angetrauten herrlich laut und deutlich entgegen. „Des war jetzt improvisiert, aber des g’fällt mer“, merkt sie an – das Publikum brüllt.
Die Vier lassen kein Klischee aus und fordern als schiffeigenes Animations-Team das Publikum zum Step Aerobic auf. Das hatte Lischen Müller bei der Kleider- und Schuhwahl selbstverständlich nicht bedacht – und schon klirren in den eng bestuhlten Reihen die Gläser. Macht nichts, die Halle hat ja jetzt erst mal neun Wochen Sommerpause und es wird kräftig sauber gemacht.
Man weiß nicht, wer die Idee hatte, aber einer der Vier muss wohl beim Texteschreiben einen direkten Zusammenhang zwischen Petra, Doris, Bernd und Eckhard und Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid gesehen haben. Denn sämtliche Abba-Klassiker feiern im Sommernachtstraum ein Comeback – selbstverständlich auf Schwäbisch. So besingen Petra und Doris beispielsweise zur Melodie von „Voulez-vous“ ihre „neue Schuh“, die sie beim ersten Landgang in Istanbul erstanden haben.
Ungebremst steuern die Passagiere der HMS Württemberg derweil auf den Höhepunkt der Reise zu: Den großen Abschlussabend. Dann nämlich präsentieren die talentierten Passagiere ihr einstudiertes Showprogramm.
Was sich bereits den ganzen Abend über abzeichnet, wird jetzt schonungslos schillernde Realität: Doris Reichenauer, Petra Binder, Bernd Kohlhepp und Eckhard Grauer tanzen im hautengenen Glitzer-Overall im schrillen 70er-Stil zum Abba-Evergreen „Super Trooper“. Nicht nur das Publikum, auch die fantastischen Vier auf der Bühne lachen Tränen. Na, wenn das kein schwäbischer Sommernachtstraum ist.