Wechseljahre – ein heißes Thema? Nicht, wenn zwei so cool drauf sind wie Petra Binder und Doris Reichenauer.
„Dui do on de Sell“ – das heißt für Nichtschwaben übersetzt „Die Eine und die Andere“. Die Eine, das ist Petra Binder, brünett und mit weiblichen Rundungen ausgestattet. Hinter der Anderen steckt Doris Reichenauer, eine Blondine mit Model-Maßen. Die beiden Spaßmacherinnen sind in der Mitte des Lebens und hauen nunmehr seit vierzehn Jahren gemeinsam auf die verbale Pauke – vor der voll besetzten Laufener Festhalle haben sie es im Auftrag des Musikvereins Laufen getan.
Zuweilen bedienen sich die beiden eines zutiefst in schwäbischen Sprachgepflogenheiten verwurzelten, treffsicheren Vokabulars. Rein sprachklanglich mag das nicht immer salonfähig sein. Dafür versteht ein Jeder, zumindest ein jeder Schwabe, worum es geht: Ein „Lellabebbl“ beispielsweise – das ist einer, der den Hintern nicht hochkriegt. Einer wie Dieter. Den hat Doris auf der Bühne gerade telefonisch abserviert, die Schachtel mit den Kleenex-Tüchern für die hormonellen Schweißausbrüche stets in Reichweite.
Ob Männer auch in die Wechseljahre kämen, will sie von Petra wissen. Auch die leidet an den Nachwehen einer gescheiterten Beziehung. Männerkritische Aussagen gehören da zum guten Ton: „Kommet se net. Di kommet aus dr Pubertät gar net raus.“ Doris und Petra rechnen kompromisslos und spitzzüngig mit den Verflossenen und deren Verfehlungen ab. Ganz anders, ein „Rrrr-Typ“, darf, ja soll der Nächste sein – kein Lehrer, ein kultivierter Holzfäller eben.
Doch just erkennen beide das nächste Problem: Wie hoch eigentlich ist der eigene Marktwert noch? Das Einzuschätzen, stellt sich als ernüchternd heraus, denn es gibt kein Seil, mit dem man verrutschte Körperpartien wieder hochspannen könnte.
Die Haut hat Risse – die Seele auch
Bodylifting? Asiatisch-pilatisches Yoga? Die Haut hat Risse, die Seele auch – da hilft nur die Flucht in Träume, in denen George Clooney die Hauptrolle spielt.
Messerscharf ritzen „Dui do on de Sell“ in ihrem Zwei-Stunden-Programm die neuralgischen Punkte von Frauen jenseits der 50 an. Wenn sie den Mund aufmachen, bleibt kein Auge trocken. Ein ums andere Mal brechen im Laufener Publikum Begeisterungsstürme aus. Der ganz große Wurf freilich gelingt Petra und Doris beim fulminanten Finale im figurbetonten schwarzen Glitzerkleid mit einer broadwayreifen Shownummer. Noch besser aber ist die weise Schlussfolgerung ihres kabarettistischen Leckerbissens: „Vielleicht kauf i mir au ne Katz. Di kann ma durch Kastrieren vom Streunen abhalta.“
Schwarzwälder Bote von Sabine Miller 13.05.2016